Neustart der Radreise
Jetzt aber wirklich: die Radreise, mit mehr als zwei Tagen Radfahren am Stück, sollte beginnen.
Nachdem ich mich irgendwann, viel später als geplant, von Ana und ihren süßen Hunden trennen konnte, sollte es jetzt endlich so richtig losgehen. So richtig losgehen mit dem Radfahren. Länger als zwei Tage am Stück war ich auf dieser Reise noch nicht unterwegs gewesen, immer kam etwas dazwischen, mal geplant, mal ungeplant. Die Spanischschule in Antigua, die Besteigung des Acatenango mit anschließender Erholungsphase, die Verfolgungserfahrung kurz vor dem Lago Atitlán, dann war ich krank und dann war schon Weihnachten. Dafür aber jetzt und zwar richtig.
Der erste Tag lief super, es ging ja auch nur bergab. Nach einem Frühstück und vielen Umarmungen rollte ich los. Die ersten Kilometer waren mühsam, aus einer Stadt hinauszufahren macht genauso viel Spaß wie hineinzufahren, nämlich gar keinen. Überall Einbahnstraßen, die das Navi nicht kennt und auf einmal findet man sich auf etwas, wie einer Autobahn wieder. Schnell wieder weg da. Und schon geht es bergab. Von 2330 Höhenmeter und nächtlichen Minusgrade immer weiter Richtung Meeresspiegel und nachts ohne Decke schlafen können. So kurz nach Weihnachten bin ich allerdings nicht alleine auf den Straßen. Und so wird der Abfahrt-Spaß bald durch einen Stau gebremst. So entschließe ich mich kurzerhand einen Schleichweg, den mir GoogleMaps vorschlägt, zu nehmen und die vielbefahrene Hauptstraße zu umgehen. Die Straße wurde ihrer Schleichwegbezeichnung auch mehr und mehr gerecht, irgendwann fehlte eine Brücke. Macht aber nichts, dafür hatte man ein Holzbrett über den doch sehr breiten und tiefen Graben gelegt, kann ja gar nicht schief gehen. Ich bin ja auch leicht und das bepackte Fahrrad sowieso. No risk, no fun, war hier das Motto und es ging gut. Einmal von Hunden gejagt werden und schon war ich oben auf dem nächsten Hügel und hatte bereits die erste Hälfte der heutigen Etappe hinter mir. Wer hätte gedacht, dass ich mal mit 27km/h bergauf strampel? Die Hunde nicht und ich sowieso nicht, sogar das Fahrrad war überrascht.
Kurz bevor die Straße zurück auf die Hauptstraße führte, hörte sie auf, vor mir lag nur noch etwas wie ein etwas besser ausgebauter Trampelpfad. Irgendwie blöd, aber die letzten 20 Kilometer zurückfahren, inklusive Hunde und Brett-Brücke? Ne, das wollte ich dann auch nicht. Also ab durch die Hecke. Und dann stand ich vor einem Bulli, der sich hier wohl vor langer Zeit festgefahren hatte und rechts war Hecke und links sowas wie Stacheldraht. Vor dem Bulli standen drei Männer. Na super. Richtig blöde Idee von mir, richtig richtig blöde Idee.


Doch keine blöde Idee. Die drei halfen mir und meinem Drahtesel, den rostigen Bulli zu umkurven, ohne wortwörtlich durch die Hecke zu müssen oder die Stacheligkeit des Stacheldrahts testen zu müssen. Und dann konnte ich die Hauptstraße schon sehen, ich freute mich auf die vielbefahrene Straße. War vielleicht doch etwas viel Adrenalin für den ersten Tag auf dem Rad. Jetzt einfach der Straße folgen und dann zu einem Hotel, das mir Ana empfohlen hatte. Eine Bekannte einer Bekannten von ihr (oder so ähnlich) kannte den Besitzer und meinte ich könnte dort bestimmt nett fragen und campen. Gesagt, getan. Nach etwas längerer Sucherei, fand ich das besagte Hotel. Wer hätte gedacht, dass dieses aus mehr Garten als Gebäude besteht und dann auch noch mit Pool und Hängematten kommt? In dem Garten würde mein Zelt bestimmt kaum auffallen. Und so durfte ich hier tatsächlich mein Zelt hier aufschlagen. Und da ich mich hier nicht in den Garten neben meinen Trangia-Kocher setzen wollte, beschloss ich: Heute ist der erste offizielle neue Radfahrtag, da darf man auch mal ins Hotelrestaurant gehen. Natürlich wurde erst der Pool unsicher gemacht und das Zelt aufgebaut.




Ich hatte leider gar keine Vorräte mehr und daher musste ich tragischerweise wieder das Hotelrestaurant aufsuchen, um nicht mit leerem Magen in den zweiten Tag meiner großen Radreise durch Zentralamerika starten zu müssen. Danach sollte es aber mit Vollgas losgehen. Das Ziel sollte eigentlich Escuintla werden, dort wollte ich die freiwillige Feuerwehr fragen, ob ich dort für eine Nacht schlafen könnte. Ich war schon relativ zeitig dort und traf dort Thomas wieder, bei dem ich in Antigua übernachten durfte. Nach einer kalten Cola beschloss ich noch weiterzufahren, ab hier ging es erstmal bergab, also alles easy. Ich hatte mir auf iOVerlander schon ein weiteres Hotel herausgesucht, bei dem ich fragen wollte, ob ich dort schlafen könnte. Und die Nacht danach wollte ich bis zu dem Campingplatz La Combi radeln, der mir von mehreren Radreisenden empfohlen wurde. Fröhlich radelte ich also weiter, während Thomas in den nächsten Bus nach Antigua stieg. Dem schien mein Plan nicht ganz so gut zu gefallen und so rief er kurzerhand Javier von dem besagten Campingplatz La Combi an und erzählte ihm von mir. Javier wiederum erzählte es seiner Frau Isabel und die wiederum rief dann mich an, ob ich nicht die letzten Kilometer abgeholt werden möchte. Wenn ich das schon so angeboten bekomme, da sage ich nicht nein.
Und so war nach 120 Kilometern heute für mich Schluss und Javier sammelte mich und das Rad ein und wir wurden die letzten 30 bis 40 Kilometer kutschiert und kamen im Dunklen auf dem Campingplatz an. Dort musste ich nicht einmal mein Zelt aufstellen, sondern konnte einen umgebauten Bulli beziehen, in dem sich neben einer Matratze auch ein Ventilator und mehreren Steckdosen befanden. Heute Nacht wurden nicht nur meine, sondern auch sämtliche andere Batterien geladen.
P.S.: Ein großes Dankeschön geht raus an meine Oma und meinen Opa, die mir die eine Nacht bezahlt haben, die ich bei dem Hotel gecampt habe. Die wollte doch ganz schön viel Geld für die Übernachtung.