Tag 1 : ein etwas holpriger Start
Wie kommt man am besten nach Island? Da gibt es zwei Möglichkeiten: mit der Fähre oder mit dem Flieger. Die Fähre fährt in Norddänemark los, macht einen Halt auf den Faröer-Inseln und nach ca. drei Tagen hat man endlich Island erreicht. Die Idee zu Hause los zu radeln, an der dänischen Küste entlang bis zur Fähre, einen Zwischenstopp auf den Faröer-Inseln und dann im Osten Islands anzulegen und weiter zu radeln klang sehr verlockend. Bis ich Preise gesehen habe. Die Fähre kostet auf einem Weg so viel wie Hin- und Rückflug zusammen, dazu kommt eine Kabine, die man zusätzlich buchen muss und die in der unteren Preisklasse wie ein Hostelzimmer geteilt wird. Ein sehr teurer Hostelzimmer. Hinzu kam, dass ich zeitlich nicht ganz flexibel bin, da ich Mitte August in Norwegen sein möchte, um mich dort mit meiner Familie zu treffen. Auch über den ökologischen Fußabdruck so einer Reise mache ich mir Gedanken, aber die Fähre ist nicht wirklich umweltschonender unterwegs als das Flugzeug. Die Route über Dänemark war letztlich einfach zu lang und zu teuer. Daher habe ich mich für die zweite Option, das Fliegen entschieden. In einem mutigen Moment im März habe ich die Flüge gebucht und dann gab es kein Zurück mehr.
Am meisten Kopfzerbrechen hat mir die Logistik und der Transport des Fahrrads und der Radtaschen bereitet. Als Handgepäck kann man so etwas ja nun leider nicht mitnehmen. Also meldete ich Sondergepäck an und klickte bei der Buchung auf Mitführen eines Fahrrads. Mehr Infos gab es nicht, kein Gewichtslimit, kein Angabe zu Größenbeschränkungen, nur dass das Rad in einem geeigneten Koffer zu transportieren sei. Statt des Koffers habe ich mir bei dem Fahrradhändler in Halle einen riesigen Karton besorgt. So riesig, dass der Kartons nicht in den Caddy passte, nicht einmal mit herausgenommener Rückbank. Kurzum wurde der Karton vor dem Fahrradladen in seine Einzelteile zerrupft und für den Wideraufbau wanderten zwei Paketbandrollen ins Gepäck.
Die Fahrradtaschen, das Zelt, Schlafsack, Isomatte und alles weitere habe ich als ein Gepäckstück angegeben und in einem Umzugskarton verpackt.
Der Plan sah wie folgt aus: früh losfahren, den Umzugskarton auf der Rückbank, das Fahrrad hinten am Auto auf einem Fahrradträger und den Karton für das Rad im Kofferraum. Den Karton fürs Rad wollte ich erst am Flughafen zusammenkleben, das Rad gut in Luftpolsterfolie einwickeln und dann ab in den Karton. Danach sollte es zum Check-In Schalter gehen, dort wollte ich den Umzugskarton abgeben, mir mein Ticket holen und als nächstes das Fahrrad beim Sondergepäck aufgeben. Anschließend sollte es Frühstück geben. So viel zum Plan. Aber wie das wahrscheinlich jeder kennt, Pläne gehen schief. In meinem Fall ging nichts so richtig schief, aber ins Schwitzen kam ich durchaus.
Mein Freund Paul hat heute den Retter und Helfer in der Not gespielt und mich nicht nur zum Flughafen chauffiert, sondern dort auch alles mitgemacht, was ich mir so ausgedacht hatte. Wir kamen knapp vier Stunden vor Abflug in Düsseldorf an und haben uns oben auf einem der Parkhäuser eine Ecke gesucht um den Karton (ziemlich schief, aber passt schon) zusammenzukleben. Dabei ist der Karton auch nur einmal weggeflogen und fast über das Geländer des Parkhauses gefallen. Um das Fahrrad möglichst schmal zu verpacken, haben wir den Sattel niedrig eingestellt, den Lenker quergestellt und uns die Zähne ausgebissen bei dem Versuch auch die Pedale abzubauen. Nun gut, bleiben sie eben dran. Als das Fahrrad endlich verpackt war, fiel uns ein, dass wir die Luft nicht aus den Reifen gelassen hatten. Da ich nicht genug Paketband dabei hatte um den Karton ein zweites Mal zu verschließen, sitze ich jetzt im Flieger und hoffe, dass die Reifen nicht platzen. (Ein bisschen Luft hatte ich immerhin den Abend vorher schon rausgelassen). Nach über einer Stunden packen, kleben und auseinanderbauen, ging es zum Check-In Schalter. Die Schlange wurde dort immer länger und das war wohl ein guter Grund einen der drei Schalter zu schließen, sodass das ganze noch länger dauerte. Die Familie vor mir hatte falsche Passnummern angegeben, der nächste hatte einen zu schweren Koffer und so wartete ich beinahe eine Stunde, obwohl anfangs nur fünf Personen vor mir standen. Eigentlich ja egal, wenn da nicht noch das Fahrrad gewesen wäre und die Sorge, dass die Warterei am Sondergepäckschalter genauso lange dauern würde. Als ich dran war, durfte ich meinen Umzugskarton nicht aufgeben, der sollte auch zum Sondergepäck. Beim Sondergepäckschalter musste ich den Karton dann doch noch einmal aufmachen, da man keine Powerbank im Gepäck aufgeben darf, das gehört nur ins Handgepäck. Und dann kam das nächste Problem, die Herren bei der Sondergepäck-Aufgabe waren sich nicht sicher, ob der Fahrradkarton durch den Sicherheitsscanner passen würde. Aber es passte. Auf den Centimeter. Glück gehabt. Zeit für Kaffee oder Frühstück blieb danach nicht mehr. Im Sicherheitsbereich durfte ich dann noch einmal mein gesamtes Handgepäck auspacken und kontrollieren lassen, da sich dort über die Luftpumpe gewundert wurde. Den Fahrradhelm am Rucksack trage ich ja auch nur als Accessoire mit mir herum…
Am Ende hatte der Flieger dann 30 Minuten Verspätung und ich hätte wahrscheinlich etwas entspannter bleiben können, aber kann ja keiner ahnen.
Jetzt sitze ich im Flieger und zerbreche mir bereits den Kopf, wie ich das mit dem Gepäck auf dem Rückweg anstellen soll, die Kartons werde ich nach der Landung wegwerfen müssen, da man diese nirgends aufbewahren kann und die Hotels in der Nähe des Flughafens nehmen dafür angebliche stattliche Summen (5-10 Euro pro Karton und pro Tag), nur dass die Kartons dann wochenlang im Keller vor sich hinschimmeln und ich sie auf dem Rückweg wieder benutzen kann, falls sie überhaupt noch benutzt werden können. Ich habe auch schon gelesen, dass es in der Innenstadt Hotels gibt, die die Kartons kostenfrei aufbewahren, aber so weit bekomme ich sie nicht transportiert auf dem Rad. Nun gut, das Problem werde ich wohl verschieben und mich in ein paar Wochen noch einmal damit beschäftigen. Jetzt bin ich erstmal happy, dass bisher doch alles geklappt hat, auch wenn etwas holpriger als gedacht. Danke an dieser Stelle noch einmal an Paul, ohne den ich wahrscheinlich im wahrsten Sinne des Wortes am Rad gedreht hätte.