Tag 4: Anders als erwartet

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Tag 4: anders als erwartet

Der Tag fing vielversprechend an. Am Abend vorher habe ich ein Mädchen aus der Schweiz kennengelernt und sie hatte mir angeboten, dass wir vormittags zusammen in ihrem Auto zu einem Wasserfall fahren und dort eine kleine Wanderung machen können. Gesagt, getan. Mein erster Wasserfall auf Island: Check. Es war eine tolle Abwechslung die Hügel und Berge mal ohne Anstrengung und ohne danach komplett durchgeschwitzt zu sein zu überqueren und von dem Wind war im Auto auch nur wenig zu spüren.

 

Wanderung zum Brúarfoss
Brúarfoss

Der Tag war als Restday gedacht und ich wollte nachmittags nur 30km bis zum nächsten Campingplatz fahren. Der Campingplatz hatte geschlossen, nur diesen einen Tag. Aber zu ist zu und so gab es nur zwei Optionen für mich. Erstens ich fahre zurück, aber dann wären die hart erarbeiteten(Kilo-) Meter umsonst gewesen. Oder zweitens weiter fahren und noch einmal 40km hinten dran hängen, das wäre ja kein Problem gewesen, aber es war bereits 18 Uhr und ich wollte doch eigentlich einen Schonungstag machen.

Trotzdem, zurück wollte ich nicht. Also weiterfahren. Es warteten weitere 40km und knapp 500 Höhenmeter auf mich und jede Menge Wind. Die Strecke führte zum größten Teil am Hvalfjördur entlang, einem vergleichsweise kleinem Fjord. Autos müssen den Fjord nicht umqueren, es gibt einen Tunnel, der ist für Radfahrende allerdings gesperrt, also musste ich außen herum fahren. Die Straße führt die ganze Zeit am Wasser entlang, auf der einen Seite sieht man das Meer und den ein oder andere Seevogel, auf der andere Seite sind Berge und ab und an auch mal ein Schaf zu sehen. Und so kämpfte ich mich bei Wind von vorne einen Kilometer nach dem anderen vorwärts, immer mit dem Ziel vor Mitternacht anzukommen. Mit dem Besitzer des Campingplatzes hatte ich am Telefon gesprochen und ich sollte mir ruhig Zeit lassen und dann am nächsten Morgen bezahlen, wenn er wieder da sei. Ungefähr nach Halbzeit passierten zwei Sachen: der Wind kam nicht mehr von vorne, sondern von der Seite und ich lernte eine Spaniern kennen. Sie saß im Zelt direkt am Straßenrand, hinter dem Zelt lag ihr Fahrrad. Da konnte ja was nicht stimmen, also hielt ich an und fragte sie auf Englisch, ob es ihr gut gehe. Sie antwortete auf Spanisch, dass sie nur Spanisch spreche und als ich ihr dann auf Spanisch antwortete, brach sie fast in Tränen aus, umarmte mich und machte ein Selfie von uns beiden. Bei ihrem Fahrrad, so erklärte sie mir, sei die Gangschaltung kaputtgegangen und so könne sie unmöglich die anstehenden Berge auf sich nehmen. Morgen würde sie mit dem Rad ins nächste Dorf zur Reparatur gebracht werden und so lange eben dort warten. Jegliche Hilfe und Essen lehnte sie ab. Nach zwei weiteren Umarmungen verschwand sie im Zelt und ich fuhr auf die besagten Berge zu. Ich schob, bei dem Wind und der Steigung war alles andere undenkbar. Also schieben, schieben und nochmal schieben. Bergab brachte mich der doch immer brutaler werdende Seitenwind aus dem Gleichgewicht und so muss es doch sehr danach ausgesehen haben, als ob ich den ein oder anderen über den Durst getrunken hätte.

Um kurz vor zehn Uhr abends kam ich am Campingplatz an, das Zelt war auch schnell aufgebaut. Mangels Küche, musste nun das erste Mal der Campingkocher beweisen was er so drauf hatte. Was soll ich sagen, nichts aber rein gar nichts hatte der drauf. Es lag aber nicht wirklich am Kocher sondern viel mehr an dem isländischen Campingkochergemisch von der Tanke, bei dem der Alkoholgehalt einfach nicht hochgenug war. Eine warme Dusche oder generell warmes Wasser gab es leider auch nicht. So kam es, dass ich ein paar Stückchen Schokolade zum Abendesse hatte und dann ohne meine geliebte Wärmflasche in den Schlafsack schlüpfen musste.

Dorufoss
Einmal auf die andere Seite bitte
Hvalfjördur
Bei dem Ausblick kann man sich kaum über die extra Kilometer beschweren

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