Eine Woche in El Salvador

Eine Woche in El Salvador

03.01.2024

Nach meiner erfolgreichen Einreise nach El Salvador und einer mehr oder weniger gemütlichen Nacht am Strand sollte es heute früh losgehen. Ich war gerade am Zelt zusammenpacken, als eine Frau mit einem Eimer an mir vorbei stiefelte. Da bewegte sich doch was in dem Eimer? Ich war neugierig und lief ihr hinterher, bis ans Wasser. Und tatsächlich: da waren ganz viele kleine Baby-Schildkröten in dem Eimer. Unfassbar niedlich. So verbrachte ich meinen ersten Tag in El Salvador am Strand und schaute nicht nur der Sonne beim Aufgehen, sondern auch 100 frisch geschlüpften Schildkröten bei ihrem ersten Gang ins Meer, zu. Danach sollte es aber zügig losgehen. Die heutige Etappe brachte etwa 75 Kilometer und knapp 1000 Höhenmeter mit sich. Achja und gefühlte 40 Grad gab es auch noch oben drauf. Fünf Stunden später kam ich in Atami, einem winzigen Küstenort, an. Dort konnte ich mein Zelt auf dem Grundstück von einem Backpacker-Hostel aufschlagen. Das Hostel ist nur wenige hundert Meter vom Strand entfernt und nach dem ich das Zelt aufgebaut hatte, war die erste Tat des Nachmittags ins Meer zu springen. El Salvador ist mittlerweile ein nicht mehr so geheimer Geheim-Tipp für Surfbegeisterte. In jedem Ort findet man hier Surfschulen und die Möglichkeit sich Surfbords und Ausrüstung auszuleihen.

04.01.2024

Da in den letzten Wochen einiges an organisatorischen Sachen liegen geblieben war, legte ich heute schon wieder einen Pause-Tag ein. Heute standen spannende Dinge wie Mails beantworten, Lernen, Semesterbeitrag überweisen und die weitere Route planen, auf dem Plan. Außerdem musste ich wichtige Sachen erledigen, wie zum Beispiel die Hängematten ausprobieren und ganz eventuell habe ich auch die ein oder andere Folge meiner aktuellen Serie geschaut.

05.01.2024

Heute wollte ich bis Zacatecoluca radeln. Um die Hitze zu vermeiden ging es früh los. Um Atami zu verlasse, muss man zunächst stramm bergauf radeln, danach ist man auf jeden Fall wach. Nachdem ich auf den ersten Kilometern Richtung La Libertad noch der Küste folgen konnte, ging es nach dem Verkehrschaos in La Libertad und einem schnellen Besuch im Supermarkt weg von der Küste und landeinwärts. Um 10 Uhr stand der erste Eis-Stopp bei jetzt schon heißen Temperaturen an. Erkenntnis des Tages war auf jeden Fall: das Limonen-Eis mit Salz und Chili schmeckt wirklich ganz schlecht. Kann ich definitiv nicht weiterempfehlen. Irgendwie war ich heute flott unterwegs und fast schon an meinem Tagesziel. Da konnte ich getrost noch einmal Pause machen und so fand ich mich bei einem Ananas-Smoothie und nachher noch einem zweiten Smoothie in einer Finka wieder. Dort vertrödelte ich etwa zwei Stunden mit Lesen und konnte so der Mittagshitze entgehen. In Zacatecoluca angekommen, wollte ich heute das erste Mal bei einer Feuerwehr-Wache schlafen. Auf iOverlander hatte ich gelesen, dass diese oft Fahrradreisende aufnehmen. Nur mich nicht. Blöd gelaufen, irgendwie gab es heute keinen Platz für mich. Beim Roten Kreuz machte mir niemand die Tür auf und die Hotels in der Stadt schienen mir doch etwas zu teuer. Eine Lösung musste her und zwar schnell. Diese Lösung hieß Elvis. Elvis wohnte noch ca. 40 Kilometer weiter weg und laut iOverlander lässt er öfter Reisende bei sich im Garten campen. Nur wenige Minuten nachdem ich ihm geschrieben hatte, kam schon seine Antwort und er meinte es sei gar kein Problem, ich könnte gerne vorbeikommen. Also in die Pedale getreten und los. Ich kam zum Sonnenuntergang an und musste noch etwa eine Stunde warten, da Elvis noch am Arbeiten war. Das hieß für mich: Pizza essen gehen und Zeit totschlagen.

Bei Elvis konnte ich mein Zelt auf der Terrasse aufstellen und die Gartendusche benutzen. Außerdem hat Elvis einen süßen Hund, der nachts in einem Wäschekorb schläft.

 

06.01.2024

Mein letzter ganzer Tag in El Salvador. Die Zeit hier ging schnell herum und langsam aber sicher komme ich in weniger touristische Gegenden. Nach dem ich noch einige schnelle Kilometer auf dem breiten Seitenstreifen hinter mich bringen konnte, änderte sich das Tempo danach drastisch. Drastisch langsamer. Um zumindest ein bisschen Natur abseits der Hauptstraße sehen zu können, folgte ich der Empfehlung von zwei Freunden, die die Strecke ein paar Tage zuvor gefahren waren. Und so näherte ich mich meinem Ziel San Miguel heute in einer Staubwolke auf sehr trockenen Gravel- und Sandstraßen.
San Miguel ist die größte Stadt im Osten des Landes und ein wichtiger Knotenpunkt auf dem Weg nach Honduras. Trotzdem ist die Stadt vergleichsweise wenig touristisch und mit andere Haut- un Haarfarbe fällt man hier schon auf.

Die Schotterpiste führte mich an dem Schichtvulkan Chaparrastique entlang, an dessen Fuß San Miguel liegt. Übersetzt heißt Chaparrstique in etwa „Strauchlandschaft auf warmer Erde“. Der Name passt. Nach dem der Vulkan jahrelang inaktiv war, entschied er sich kurz vor Weihnachten 2013 wieder aktiv zu werden und legte den Flugverkehr um Weihnachten herum lahm. Zudem mussten damals etwa 2000 Anwohner ihre Wohnungen räumen.

Obwohl ich mitten durch eine kaum bewohnte Landschaft radelte, traf ich erstaunlich viele Menschen entgegen. Immer wieder standen Menschen am Straßenrand und verkauften Bier. Auch ein interessantes Geschäftsmodell, sich an eine staubige Straße im Busch El Salvadors zu stellen und den wenigen Menschen, die vorbeikommen, mehr oder weniger gekühltes Bier zu verkaufen. Richtig skurril wurde es, als mich ein riesiger moderner Reisebus überholte, dicht gefolgt von einem quietschenden Chickenbus, der alles daran setzte den Reisebus zu überholen. Woher kamen die Menschen auf einmal?

In meiner letzten Nacht in El Salvador tauschte ich das Zelt gegen ein Einzelzimmer in einem Hostel, das meine Oma sponsorte. Danke nochmal an dieser Stelle! Ein bisschen Ruhe vor dem nächsten Grenzübertritt und nach dem ganzen Catcalling heute war genau das richtige. Ich möchte hier nicht allzu viele Worte zu dem Thema verlieren, da ich bereits einen ganzen Artikel dazu geschrieben habe. Aber heute war der schlimmste Tag der ganzen Reise, wenn es um das Thema Catcalling geht. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viel mir an diesem Tag hinterher gepfiffen wurde. Ich vermisse an Europa, dass man nicht auffällt durch Größe und Aussehen. Dieses ständig nagende Gefühl des Unwohl-Fühlens, weil mir dauernd hinterher gepfiffen wurde heute ist an manchen Tagen kaum zu ertragen. Und ich habe eine eher schlechte Coping-Strategie entwickelt: Eis. Heute esse ich viel Eis.

 

07.01.2024

Ich wache mit Vorfreude auf den nächsten Grenzübertritt auf. Vielleicht ist es auch Nervosität. Honduras. Das Land mit dem größten Fragezeichen auf meiner Reise. Sicherheit? Unterkünfte? Straßenbedingungen? Ich habe viele sehr unterschiedliche Geschichten gehört und beschlossen, dass ich dieses Land alleine nicht bereisen möchte und daher so schnell wie möglich hindurch radeln werde.

Ich bin heute nicht nur aufgeregt und nervös, sondern auch ein wenig traurig. Ich verpasse heute den ersten Geburtstag des Jahres von vielen weiteren. So schön das Reisen ist, an so wichtigen Tagen, wäre ich manchmal gerne zu Hause, um nicht nur über das Telefon gratulieren zu können.

Ich mache mich Recht früh auf den Weg und nach einem kurzen Stopp an einer Tankstelle und vielen steilen, aber kurzen Abschnitten bergauf sehe ich die ersten Grenzschilder.

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