Tag 29: Wie man einen platten Reifen repariert oder auch wie man am besten dabei zuschaut
Ich hätte noch tagelang an der Hütte bleiben können, aber da wir nur für fünf Tage Lebensmittel dabei hatten mussten wir uns an den Zeitplan halten. Dieser sah für heute leider keine Pause vor, sondern weitere 70 Kilometer durch die Stein- und Sandlandschaft des isländischen Hochlands.
Nach einem langen Frühstück und mindestens einem Liter Tee hieß es wieder Zelte einpacken und auf geht es. Heute sogar in kurzer Hose und T-Shirt, da die Sonne bereits morgens kräftig schien. Unvorstellbar, dass ich erst wenige Stunden zuvor bei zwei Grad frierend im Schlafsack gelegen habe.
Hinter der Hütte wurde die Straße langsam immer schlechter und wir dementsprechend immer langsamer. Die Wellblechpiste machte hier ihren Namen alle Ehre und wir mutmaßtn wie diese welligen und sehr unangenehm zu fahrenden Querrillen auf der Straße überhaupt entstehen. Wikipedia erklärt das Ganze in etwa so: Fahrzeuge hinterlassen durch Unebenheiten einer nicht befestigten Straße kleine Dellen in dem Schotter, diese wieder bilden Rampen für die folgenden Fahrzeuge und führen dazu, dass die Räder nach kurzer Beschleunigung mit Wucht im Schotter landen. Das ständige Wiederholen führt zu immer tiefer werdenden Rillen und das macht dann irgendwann keinen Spaß mehr. Außerdem fangen die Fahrräder irgendwann an komische und durchaus beunruhigende Geräusche zu machen und Handgelenke können sich auch besseres vorstellen, als die ganze Zeit mit zu federn.
Aber immerhin müssen wir nicht schieben, sondern hüpfen nur langsam hoch und runter über die Rillen.


Die Landschaft besteht hier wirklich nur noch aus Sand und vereinzelnd Steinen, alles in einem eher monotonen grau-braun-schwarz. In der Ferne sieht man die Gletscher und ich fühle mich immer mehr als ob ich durch eine Filmkulisse von Interstellar (Planet von Dr. Man) radel.
Da wir kurzer Hand entscheiden eine längere Etappe zu fahren, um morgen einen Tag wandern gehen zu können, hängen wir an die geplanten 40 Kilometer weitere 30 Kilometer dran und folgen der Schotterpiste weiter Richtung Kerlingafjöll. Und dann passiert es: der erste hat einen Platten. Bevor ich überhaupt die Möglichkeit habe mein Fahrrad abzustellen, hat Tom seinen Reifen bereits abmontiert und den kaputten Schlauch ausgetauscht. Während ich nur staunend daneben stehe und versuche noch was zu lernen, haben die drei Jungs bereits den neuen Schlauch eingesetzt, aufgepumpt und das Loch in dem kaputten Schlauch gefunden, markiert und bevor ich Hilfe anbieten kann ist der Reifen bereits wieder am Fahrrad und alle sind abfahrbereit. Das war beeindruckend, ich glaube ich habe eben den neuen Weltrekord im Schlauch tauschen gesehen. Ich hätte mindestens 30 Minuten gebraucht…

Die letzten Kilometer sind noch einmal richtig kräftezehrend, es geht immer wieder steil bergauf und dann über diese nervigen Querrillen wieder ein Stück bergab, nur damit der Weg dann noch steiler wieder bergauf führt. Als wir den Campingplatz erreichen bin ich überfordert mit der Masse an Menschen die hier aufeinander treffen. Ich hatte mir die Highlands einsam vorgestellt, ich hatte definitiv kein neues Hotel mit angeschlossenem Campingplatz und Bussen voll Menschen erwartet.
Immerhin konnte ich mein Spanisch noch einmal unter Beweis stellen und so herausfinden, wie das mit dem Bezahlen für den Campingplatz funktioniert, da das spanische Paar nicht wirklich Englisch sprach. Nach dem die Zelte standen versuchten wir uns in der viel zu kleinen Küche eine Ecke zu suchen und es war Zeit für einen erneuten Pasta-Pesto-Abend. Es ist schon erstaunlich, dass ich mich nach drei Wochen jeden Tag Nudeln mit Pesto nach wie vor aufs Abendessen freue.

