Tag 31: Mein Lieblingstag?
Ich hatte nicht einen wirklich schlechten Tag während meiner Radreise durch Island. Immer wenn ich mich mit anderen unterhalte, die mit dem Auto, Van, Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind, merke ich, dass das eher die Ausnahme ist. Ich bin selber überrascht, wie gut bisher alles lief. Ich hatte unfassbares Glück mit dem Wetter, den Menschen auf dem Weg, den Campingplätzen und mit meinem Fahrrad.
Wenn ich einen Tag aussuchen müsste, den ich am wenigsten mochte, dann ist es wahrscheinlich der Tag, an dem ich das erste Mal die Ringstraße in der Nähe von Borgarnes erlebt habe. Wenn ich einen Tag aussuchen müsste, den ich am besten fand, dann wird es schon deutlich schwieriger… Aber der heutige Tag kommt definitiv in die engere Auswahl, obwohl nichts besonderes passiert ist. Vielleicht mag ich diesen Tag gerade deswegen so sehr, er spiegelt meine Radreise gut wieder.
Ich habe ein merkwürdiges Talent: Egal wie voll ein Aufenthaltsraum ist, immer wenn ich dazu komme wird irgendwo ein Tisch frei und ich muss nie auf einen freien Herd etc. warten. Timing kann ich einfach. So ist es auch heute Morgen: wir bekommen auf Anhieb einen Sitzplatz und können in Ruhe frühstücken und noch einmal unsere Handys aufladen. Heute Nacht wollen wir wildcampen, weil der nächste Campingplatz einfach zu weit weg ist und wir haben noch genug Proviant für eine weitere Nacht. Trotzdem freuen wir uns jetzt schon sehr auf den nächsten Supermarkt.
Zurück auf dem Sattel werden wir durch die ganzen Querrillen weiter gut durchgerüttelt. Und dann passiert es: Ich habe meinen ersten Platten. Das ganze passiert beim bergauf fahren, die Jungs warten oben auf mich und fragen sich schon, warum ich auf einmal absteige und schiebe. Sobald ich oben ankomme, packen alle mit an und bevor ich irgendwas machen kann, ist mein Reifen schon ausgebaut. Eigentlich stehe ich nur daneben und fungiere als Ablage: ich halte nur Sachen fest, währen mein Schlauch getauscht wird. Alleine hätte ich deutlich länger gebraucht und trotzdem fühle ich mich schlecht, dass ich nur daneben stehe. Danke an dieser Stelle für die Hilfe!!
Wir sind heute gut in der Zeit und können eine lange Mittagspause in dem einzigen Café auf dem Weg machen und so sitze ich nachmittags auf einem gemütlichen Sofa, trinke heiße Schokolade und esse Waffeln. Kurz bevor wir versacken, können wir uns noch aufraffen und erreichen abends eine kleine Schutzhütte. Eigentlich wollten wir unsere Zelte einfach daneben aufbauen, aber die Scheune ist offen und wir haben von anderen Radfahrern erfahren, dass man auch in der Scheune übernachten kann. Da es nachts doch gut kalt wird, entscheiden wir uns dafür den Windschutz der Scheune zu nutzen und legen uns kurzerhand nur mit unseren Isomatten und Schlafsäcken in den Stall. Dann sparen wir uns morgen früh auch das Abbauen der Zelte.
Das Abendessen besteht aus mehrere Gängen: zuerst gibt es das Trekkingessen, dass Henry schon seit Tag eins mit sich herumschleppt, danach gibt es Reis mit Pesto und zum Dessert haben wir noch Kekse und Äpfel. Könnte schlimmer sein. Die ganze Situation fühlt sich an wie unsere Klassenfahrt in der Grundschule, bei der auch draußen gekocht wurde und alle in Zelten geschlafen haben. Es fühlt sich irgendwie nach Abenteuer an und ich bin froh, dass ich nicht alleine hier bin. Ähnlich wie auf den Kursfahrten, bei denen man sich Mehrbettzimmer teilt, quatschen wir lange und ich vermisse die Jungs jetzt schon. Morgen ist wahrscheinlich der letzte Tag an dem wir zusammen fahren, danach müssen sie zurück Richtung Flughafen während ich noch fast eine Woche mehr Zeit habe. Natürlich könnte ich noch ein Stück weiter mitfahren, aber dann habe ich fast eine Woche Zeit in Reykjavik… Eine Entscheidung für morgen denke ich und schiebe die Entscheidung gerne weiter auf.