Tag 39: Ein letzte Mal im Sattel
So schnell ist er da: mein letzter Tag auf dem Fahrrad. Heute werde ich nach Reykjavík fahren und dort die letzten Tage verbringen. Dieser Tag war so lange in weiter Ferne und dann ganz plötzlich doch da. Ich habe mich so sehr an das Leben auf dem Rad und im Zelt gewöhnt und weiß, dass ich es vermissen werde. Ich mag es jeden Tag in Bewegung zu sein und die Zeit auf dem Rad werde ich vermissen. Aber ich gebe zu, ich freue mich auf ein Bett, vor allem ein warmes Bett. Und Duschen haben auch so ihre Vorteile. Ich wurde von Lilli eingeladen, die letzten Nächte bei ihr in der WG auf der Couch zu schlafen. Wir haben uns in den Westfjorden kennengelernt und ich bin so dankbar, dass sie mich eingeladen hat.
Es ist nicht allzu weit bis in die Hauptstadt, knapp 60 Kilometer trennen mich noch von meinem Reiseziel. Also habe ich viel Zeit und die verbringe ich zusammen mit Nathan im Aufenthaltsraum. Wir sprechen über seine Route, er hat noch etwa vier Wochen Zeit und fährt in etwa die Strecke, die ich auch gefahren bin. Mittags trifft Rob auf dem Campingplatz ein. Jetzt sind wir ein Radfahrertrio, die zusammen über einer Karte brüten und die ungefährlichste Straße nach Reykjavík ausarbeiten. Viele Wege führen über die Ringstraße und für mich bedeutet das de sicheren Tod. Danke, aber nein danke. Rob findet es lustig, dass wir noch gar nicht losgefahren sind heute. Was soll ich sagen, ich zögere den letzten Tag auch etwas mit Absicht heraus. Außerdem hat es vormittags geregnet.



Irgendwann ist es dann doch so weit: der Abschied von den beiden rückt näher. Zusammen mit Nathan rolle ich vom Campingplatz und nach 100 Metern trennt sich auch unser Weg. Rob werde ich am nächsten Tag in Reykjavík wieder treffen.
Nach wenigen Kilometern wartet eine letzte Herausforderung auf mich. Eher mehrere Herausforderungen: immer wieder geht es mit über zehn Prozent Steigung bergauf. Und ich muss fast nicht schieben, aber dann muss ich doch schieben. Kurz vor der ersten Bergkuppe holt mich der Campingplatz-Mitarbeiter mit seinem Auto ein und bietet mir an mich mitzunehmen. Völlig außer Atem lehne ich ab und kämpfe mich weiter den Berg hoch. Ganz oben angekommen gibt es erstmal einen Müsliriegel. Das ist eine Sache die ich mir bei den Hamburger-Jungs abgeschaut habe. Wer oben auf einem Berg ankommt, der oder die bekommt einen Müsliriegel. Danach geht es nur noch bergab.
Ich schlängle mich durch die Vororte Reykjavíks, immer darauf bedacht nicht auf die A1 abzubiegen. Bloß kein Unfall am letzten Tag. Die Fahrt durch die Innenstadt ist weniger stressig und nervenaufreibend als ich erwartet habe. Dann stehe ich bei Lilli vor dem Haus. Ich habe es geschafft.
Das Fahrrad wandert für die nächsten Tage in den Keller und ich wandere auf die Couch.




